Montag, 19. Januar 2009

An der Supermarkt-Kasse

Anna Sam
Die Leiden einer jungen Kassiererin
Riemann Verlag 2009, Aus dem Französischen von Elisabeth Liebl, Paperback, Klappenbroschur, 176 S., ISBN: 978-3-570-50107-8, € 12,50 [D], € 12,90 [A], CHF 23,00
Mit ironischer Lässigkeit vermittelt Anna Sam eine sozialkritische Botschaft: die Welt der Supermärkte spiegelt im Kleinen wider, was in unserer Gesellschaft insgesamt im Argen liegt. - Sie ist uns vertraut, und wir kennen flüchtig ihr Gesicht, weil wir mehrmals pro Woche an ihr vorbeidefilieren – die Supermarktkassiererin. Für die meisten von uns reduziert sich ihre Identität auf das von Piepstönen untermalte Gleiten des Scanners über unser Warensortiment, auf stereotype und scheinbar lustlos wiederholte Redewendungen wie „Ist das alles?“ oder „Macht dann 9,99.“ Anna Sam hat Literatur studiert und war 8 Jahre lang gezwungen, sich als Kassiererin ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mit trockenem Humor und scharfer Beobachtungsgabe beschreibt sie Szenenbilder, die sich in der Atmosphäre liebloser Achtlosigkeit der Supermärkte entwickeln. Niemand sieht Tag für Tag so viele unterschiedliche Menschen an sich vorbeiziehen wie die Kassiererin. und niemand ist wohl besser geeignet, eine Typologie des Alltagsmenschen anzufertigen: vom notorischen Stänkerer über den lästigen Fragesteller mit der langen Leitung bis hin zum Möchtegern-Charmeur. „Man sieht Menschen, wie sie wirklich sind“, sagt Anna Sam. Die Memoiren einer Supermarktkassiererin sind ein Lesevergnügen für alle mitfühlenden Zeitgenossen, die bereit sind, das Komische in der banalen Beschränktheit und Achtlosigkeit unserer Mitmenschen zu erkennen. Anna Sams Buch behandelt sicherlich kein „großes“ Thema, aber es ist ein Kleinod ironischer Menschenbeobachtung. Die besten Satiren schreibt noch immer das wirkliche Leben. Kann in einem Atemzug mit der subversiven französischen Angestellten-Bibel „Die Entdeckung der Faulheit“ von Corinne Maier oder mit den sozialen Reportagen eines Günter Wallraff genannt werden.
Rezension Deutschlandfunk (Auszug): " ... Nie wieder wird man die Waren so aufs Band legen, dass es der Kassiererin überlassen bleibt, jeden Gegenstand - ob Dosenmilch, Katzenspreu oder fünf Kilo schwere Waschpulverpakete - so lange zu drehen, bis die Seite mit dem Strichcode nach oben liegt. Und nie wieder wird man vergessen, die Kassiererin mit einem freundlichen Lächeln persönlich zu grüßen, das heißt, sie wie eine Person zu behandeln - nicht wie einen, an die Kasse angeschlossenen Gegenstand.
Das aber, berichtet die junge Französin Anna Sam in ihrem humorvollen Buch "Die Leiden einer jungen Kassiererin" ist die Regel. Kaum ein anderer Dienstleistungsberuf degradiert diejenige, die ihn ausführt, so sehr zum anonymen, kaum wahrgenommenen Objekt, ja fast zur reinen Funktion ... " Deutschlandfunk - Blog der Autorin in französischer Sprache: Anna Sam

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