Dienstag, 15. September 2009

Eine Liebesgeschichte leiser Art

Christa Ludwig
Blitz ohne Donner
ab 13 Jahren, 160 S., geb. mit Schutzumschlag, ISBN-10: 3-7725-2245-9, ISBN-13: 978-3-7725-2245-1, 14,50 EUR
Christa Ludwig erzählt in meisterhaft nuancierter Sprache die Geschichte der Begegnung zwischen der musikalisch begabten Maria und dem gehörlosen Johannes.
Johannes spricht ein wenig fremdartig und rau, wie einer, der erkältet ist, ohne deutliches Gespür für hoch und tief, laut und leise, Frage oder Antwort. Umso beredter sind seine Hände. Und wen er sprechen sieht, den versteht er auch. Die Lautlosigkeit seiner Welt wird ihm erst in diesem einzigartigen Sommer schmerzhaft bewusst. Denn da zieht Maria im Nachbarhaus ein. Und Marias Welt ist die Musik. Die erste Begegnung wird von beiden so tief empfunden, dass sie kein Zurückweichen mehr zu erlauben scheint, sondern nur die Annäherung – durch alle Schwierigkeiten hindurch. Dazu gehört für Maria, Johannes auf irgendeine Weise ihre Musik wahrnehmbar zu machen. Was sich dabei aber eigentlich entwickelt, ist eine Zwiesprache von solcher Feinheit und Intensität, dass ihr Auskommen ohne Laut und Klang Reichtum ist, nicht Mangel.
Christa Ludwig verfügt über die Zwischentöne der Sprache, die das feine Zusammenspiel der Sinne gerade dort offenbaren, wo es sich direkter Beschreibung entzieht. Eine Liebesgeschichte leiser Art.
Leseprobe: Marias Augen waren dunkelbraun, das Braun war warm und tief, fast schwarz, es machte Sommerferien entbehrlich, ja überflüssig. Sie anschauen und an Satzzeichen denken, war schwer, fast unmöglich.
So durfte das nicht weitergehen.
«Ich bin taub», sagte er, «ich höre nichts, überhaupt nichts, deshalb klingt das so komisch, wenn ich rede. Du musst mich immer anschauen, wenn du sprichst. Ich kann sehr gut Lippen lesen. Das ist alles.»
Das Entsetzen in ihren Augen – damit hatte er nicht gerechnet, ein Entsetzen ohne irgendwelche Satzzeichen, ohne Punkt, ohne Komma, ohne Anführungsstriche, jenseits aller Ausrufungszeichen –
«… das ist alles nicht weiter …»
– helles Entsetzen in dunkelsten Augen –
«… nicht weiter schlimm …»

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