Der blinde Musiker und Informatiker Wladimir Sawin aus Sibirien
Publiziert am 24. Oktober 2008 von Krusenstern - Ergänzung zu diesem Beitrag
Omsk * Für sechs Monate war der blinde Russe Wladimir Sawin als Dozent für russische Musikgeschichte an der schweizerischen Universität Fribourg tätig. Der 40-jährige Musiker und Informatiker lebt normalerweise in der sibirischen Stadt Omsk. Seine Erfahrungen bieten im doppelten Sinne des Wortes “einen anderen Blick” auf Russland und das Gastland Schweiz.
Wenn Wladimir Sawin * Владимир Савин in seiner Heimatstadt Omsk * Омск aus der Haustüre tritt, muss er aufpassen, um nicht über Abfall zu stolpern oder gar in das ungesicherte Loch einer Baustelle oder der Kanalisation zu fallen. Ungesichert sind nicht nur die Strassen in der siebtgrössten Stadt Russlands, ungesichert ist auch die Zukunft des blinden Musikers und Informatikers ... Wladimir Sawin (besuchte) in einem staatlichen Internat für blinde und sehbehinderte Kinder die Schule. Diese russischen Blindenschulen leisten gute Arbeit, ein liebevolles Elternhaus können sie aber nicht ersetzen. Wladimir litt denn auch stark unter der Einsamkeit. Trost fand er in der Musik, weshalb der begabte Junge ein Studium an der bekannten Schebalin-Fachhochschule absolvieren durfte, die nach dem bekannten russischen Komponisten Wissarion Schebalin * Виссарион Яковлевич Шебалин benannt ist. Wladimir Sawin studierte dort das chromatische Knopfakkordeon Bajan * баян. Im wehmütig erklingenden Bajan sitzt die russische Seele, heisst es. Wehmut ergriff Wladimir Sawin auch, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 seine Stelle als musikalischer Begleiter des Volkseigenen Chores in Omsk abgeschafft wurde. Als Musiklehrer hält er sich seitdem mehr schlecht als recht über Wasser. 1999 entdeckte Sawin als erster Blinder in Omsk den Computer. Es dauerte nicht lange, und er unterrichtete als Informatiker andere Blinde und Sehbehinderte am Computer. Damals gab es in Sibirien nur wenige Computer. Und auch heute müsste zum Beispiel ein Lehrer, der mit einem Gehalt von 180 Franken ohne Nebenjob gar nicht überleben könnte, zehn volle Monatslöhne auf den Tisch legen für das billigste Notebook. Deshalb gründete Wladimir Sawin ein Projekt, welches Blinden und Sehbehinderten in Omsk den kostenlosen Zugang zu Computer und Internet ermöglichte. Dieses Projekt erhielt in einem regionalen Wettbewerb den ersten Preis, was Sawin viel Ehre brachte – aber keinen Arbeitsplatz. So arbeitete er als Musik- und Informatikdozent, verdiente zusätzlich ein paar Franken mit dem Komponieren von Schlagermusik. Ein Blinder darf in Russland nicht wählerisch sein.
Publiziert am 24. Oktober 2008 von Krusenstern - Ergänzung zu diesem Beitrag
Omsk * Für sechs Monate war der blinde Russe Wladimir Sawin als Dozent für russische Musikgeschichte an der schweizerischen Universität Fribourg tätig. Der 40-jährige Musiker und Informatiker lebt normalerweise in der sibirischen Stadt Omsk. Seine Erfahrungen bieten im doppelten Sinne des Wortes “einen anderen Blick” auf Russland und das Gastland Schweiz.
Wenn Wladimir Sawin * Владимир Савин in seiner Heimatstadt Omsk * Омск aus der Haustüre tritt, muss er aufpassen, um nicht über Abfall zu stolpern oder gar in das ungesicherte Loch einer Baustelle oder der Kanalisation zu fallen. Ungesichert sind nicht nur die Strassen in der siebtgrössten Stadt Russlands, ungesichert ist auch die Zukunft des blinden Musikers und Informatikers ... Wladimir Sawin (besuchte) in einem staatlichen Internat für blinde und sehbehinderte Kinder die Schule. Diese russischen Blindenschulen leisten gute Arbeit, ein liebevolles Elternhaus können sie aber nicht ersetzen. Wladimir litt denn auch stark unter der Einsamkeit. Trost fand er in der Musik, weshalb der begabte Junge ein Studium an der bekannten Schebalin-Fachhochschule absolvieren durfte, die nach dem bekannten russischen Komponisten Wissarion Schebalin * Виссарион Яковлевич Шебалин benannt ist. Wladimir Sawin studierte dort das chromatische Knopfakkordeon Bajan * баян. Im wehmütig erklingenden Bajan sitzt die russische Seele, heisst es. Wehmut ergriff Wladimir Sawin auch, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 seine Stelle als musikalischer Begleiter des Volkseigenen Chores in Omsk abgeschafft wurde. Als Musiklehrer hält er sich seitdem mehr schlecht als recht über Wasser. 1999 entdeckte Sawin als erster Blinder in Omsk den Computer. Es dauerte nicht lange, und er unterrichtete als Informatiker andere Blinde und Sehbehinderte am Computer. Damals gab es in Sibirien nur wenige Computer. Und auch heute müsste zum Beispiel ein Lehrer, der mit einem Gehalt von 180 Franken ohne Nebenjob gar nicht überleben könnte, zehn volle Monatslöhne auf den Tisch legen für das billigste Notebook. Deshalb gründete Wladimir Sawin ein Projekt, welches Blinden und Sehbehinderten in Omsk den kostenlosen Zugang zu Computer und Internet ermöglichte. Dieses Projekt erhielt in einem regionalen Wettbewerb den ersten Preis, was Sawin viel Ehre brachte – aber keinen Arbeitsplatz. So arbeitete er als Musik- und Informatikdozent, verdiente zusätzlich ein paar Franken mit dem Komponieren von Schlagermusik. Ein Blinder darf in Russland nicht wählerisch sein.
Umso mehr freute sich Wladimir Sawin, als ihn eine schweizerische Studentenorganisation einlud, an der Universität Fribourg Vorlesungen über die russische Musikgeschichte zu halten. Das Honorar war mit monatlich 750 Franken bescheiden, für Sawin aber ein Vermögen. Und es war seine erste Reise über die Grenzen von Omsk hinaus. Sechs Monate hielt Wladimir Sawin am dortigen Institut für Slavistik Vorlesungen in seiner Muttersprache und war bei den Studenten sehr beliebt ... Bitte weiter lesen im Krusenstern-Blog
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