Freitag, 24. Juni 2011

Eine Nahtoderfahrung - literarisch

Richard Scrimger: Koma
Urachhaus Verlag 2011, 220 S., geb., ISBN-13: 978-3-8251-7763-8, €13,50
Der 14-jährige Jim ist alles andere als der nette Kerl von nebenan. Er hat die falschen Freunde, geht seiner Schwester auf die Nerven und sucht sich gern Opfer in der Schule, denen er zeigen kann, wer der Stärkere ist. Als er von einem Auto angefahren wird, fällt er ins Koma – und erlebt zwischen Leben und Tod Dinge, die sein Leben verändern. Zuerst fragt er sich, ob er schon tot ist. Doch langsam wird ihm klar: Er befindet sich in einem eigenartigen Hotel, in dem er merkwürdigen Gestalten begegnet, die sich Grabläufer, Klagende und Schlächter nennen und ihm aufschlussreiche Szenen aus seinem bisherigen Leben zeigen. Im Hotel Jordan trifft er auch Marcie, die ebenfalls mit dem Tod ringt. Als er wieder aufwacht, will er sie unbedingt wiedersehen. Und er hat verstanden, was er zu tun hat, doch wie es scheint, bleibt ihm nur noch wenig Zeit. Scrimgers Version einer literarisch erzählten Nahtoderfahrung für Jugendliche ist eine gelungene Kombination aus bitterem Ernst mit sprühendem Humor.
... Plötzlich lag ich auf dem Rücken und war wieder Jim – im Krankenwagen. Auf der Bank gegenüber saß Morgan, der Schlächter. Ich wollte nicht sterben und ein endlos graues Dasein zwischen hier unten und dem grauenhaften Hotel Jordan fristen. Ich wollte meine Chance. Mir blieben nur noch ein paar Sekunden. Ich konnte nicht einatmen, hatte aber gerade noch genügend Luft für ein Wort. Ich quetschte es raus. Hilfe!, rief ich von der Bahre. Keine Ahnung, ob Bill mich hörte. Aber Morgan hörte mich. Verdammtes Höllenfeuer! Bill rieb mir den Hals mit Alkohol ein, setzte ein Skalpell an meinen Hals und schnitt hinein. Sofort drang ein dünner Luftstrom in meine Lungen. Morgan fluchte noch einmal und Bill begann, mir einen dünnen Schlauch in den Hals zu schieben. Ich holte Luft, es ging schon einfacher. Jetzt kam Morgan zu mir herüber und funkelte mich an. Aus einem Auge rann ihm eine einzelne, kleine Träne. Mein Geist war verschwunden. Ich würde es schaffen. Lächelnd schloss ich die Augen. Als ich sie wieder öffnete, lag ich im Krankenhaus, mit Kopfschmerzen so groß wie der Atlantik. …

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