Thomas B. Morgenstern
Zirom und der maurische König
für 12-15jährige, Hannah Verlagsgesellschaft, 220 S., ISBN 3-931735-05-2, 7 Euro
Ritter Felix reitet mit seinem Vater und der Magd Enna nach Eschehorne. Da erreicht sie die Botschaft, daß Graf Regloh von Rittern aus Tunguskan überfallen wurde und im Sterben liegt ... Sie reiten zurück nach Burg Friedrichseck. Abends sitzen sie am Feuer und Wipo, der fahrende Sänger, erzählt ihnen die Geschichte von Zirom, dem jungen Ritter, der sich auf einen Kreuzzug begab ...
Leseprobe: ... Je länger Prinz Essal und seine beiden Begleiter unterwegs waren, umso nachdenklicher wurde Felix, der mit der schweigsamen Magd Enna hinter seinem Vater herritt. Die Ereignisse der letzten Wochen hatten es nicht zugelassen, sich Gedanken darüber zu machen, wohin sein Weg nun führen würde.
Der Aufbruch aus Stahude war begleitet von vielen guten Wünschen. Alle hatten sich zum Abschied der drei noch einmal eingefunden. Zirom, König von Meridan, und seine Königin Alegna, auch Alanus, der weise und tatkräftige Abt des Klosters „Zur Himmlischen Pforte“ und der Sänger Wipo von Rauenfels, der die Heldentaten der Ritter Essal und Felix künftig an allen Höfen verbreiten würde. Und natürlich Attirb und Trebuh, die beiden Alten, die Enna besonders herzlich verabschiedeten. Graf Bredo von Friedrichseck hatte Stahude bereits vor ein paar Tagen verlassen und war zurück auf seine Burg geritten.
Während sie so dahinritten, stiegen in Felix Bilder auf, die ihn den ganzen Ritt über beschäftigten. Sie waren auf dem Weg nach Eschehorne hatte sein Vater, Ritter Essal, gesagt. Zurück nach Hause. Aber wo war Felix zu Hause? War er ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts, den es aus unerfindlichen Gründen in eine alte Zeit verschlagen hatte?
Oder war er nun ein Teil des Mittelalters geworden, ein Mensch, der so fühlte und dachte wie Enna, die schweigend neben ihm ritt? Ritten sie ins zwanzigste Jahrhundert zurück und wenn ja, was würde dann mit Enna geschehen? Felix grübelte ununterbrochen. Er wollte sich nicht mehr von Enna trennen, das war ihm klar, auch wenn der Standesunterschied zwischen ihnen war. Und wie erst sollte er sie mitnehmen ins zwanzigste Jahrhundert, wenn es ihm gelänge dorthin zurückzukehren?
Die nächste Frage, die in ihm hochstieg, wagte er gar nicht zu bedenken. Er sah zu seinem Vater hinüber, den er als Bauern kannte und der nun ein Prinz war. Prinz Essal ritt schweigend auf seiner braunen Stute voran, die Felix noch aus früheren Zeiten zu kennen glaubte.
Trotz der Grübeleien musste er schmunzeln. Frühere Zeiten! Die lagen jetzt in der Zukunft!
Wieder war die Frage ganz nahe, die Frage, die er für sich nicht beantworten konnte, die sich ihm aber immer wieder stellte: Wollte er überhaupt zurück ins zwanzigste Jahrhundert?
Als er bei den Drei Weisen Männern vom Lodernden Baum gewesen war, hatte er die Frage gestellt, ob er je wieder in seine Vergangenheit zurückkommen würde. Dies war die einzige Frage, die Bruder Samoht, der Mönch, der zugleich auch Ritter und Bauer war, nicht beantwortet hatte.
Doch plötzlich wurde es Felix schlagartig klar: Ein Zurück in die Vergangenheit konnte es nicht geben. Also war das Mittelalter jetzt seine Zukunft.
Dann stutzte er. Irgendetwas stimmte nicht an seinen Gedanken. Es hatte für ihn doch schon einmal ein Zurück gegeben! Ein Zurück ins Mittelalter, eine Zeit, die viele hundert Jahre hinter ihm gelegen hatte. Er seufzte laut. Er konnte dies alles nicht verstehen.
Prinz Essal sah beunruhigt nach hinten. Er musterte Felix mit gedankenvollem Blick, dann sah er wieder ernst nach vorne.
Enna schien ebenso in Gedanken versunken wie Felix. Es war ein schweigsamer Ritt. Es schien, als näherten sich alle drei mit einer gewissen Furcht ihrem Ziel. Und die Furcht wurde größer, je näher das Ziel kam.
Essal richtete sich auf und spähte über das weite Land. Das Königreich Meridan war klein, aber die Landschaften waren so abwechslungsreich, dass man glauben konnte, es sei ein viel größeres Land.
„Wir wollen bald rasten“, sagte Essal in die Stille hinein.
Die beiden jungen Reiter hoben ihre Köpfe und nickten. Sie näherten sich einem Wald, der Felix bekannt vorkam. Auf seinem Ritt nach Stahude hatte er fast ganz Meridan durchquert. Es war ein Buchenwald, den Waldrand aber bildeten Eschen. Schon begannen die Blätter sich frühherbstlich zu verfärben. Braun wechselte sich mit Grün und Gelb ab. Aus der Ferne betrachtet, sahen die bunten Eschenblätter wie die Federn eines Vogels aus. Felix genoss diesen Anblick. Im leichten Abendwind umspielten die Blätter den Wald und hüllten ihn ein, wie die rostbraunen Federn eines Falken.
Es wurde schon früh kühl in diesem Herbst, aber die Reiter waren mit Fellen und warmen Westen gut gerüstet.
Zirom und der maurische König
für 12-15jährige, Hannah Verlagsgesellschaft, 220 S., ISBN 3-931735-05-2, 7 Euro
Ritter Felix reitet mit seinem Vater und der Magd Enna nach Eschehorne. Da erreicht sie die Botschaft, daß Graf Regloh von Rittern aus Tunguskan überfallen wurde und im Sterben liegt ... Sie reiten zurück nach Burg Friedrichseck. Abends sitzen sie am Feuer und Wipo, der fahrende Sänger, erzählt ihnen die Geschichte von Zirom, dem jungen Ritter, der sich auf einen Kreuzzug begab ...
Leseprobe: ... Je länger Prinz Essal und seine beiden Begleiter unterwegs waren, umso nachdenklicher wurde Felix, der mit der schweigsamen Magd Enna hinter seinem Vater herritt. Die Ereignisse der letzten Wochen hatten es nicht zugelassen, sich Gedanken darüber zu machen, wohin sein Weg nun führen würde.
Der Aufbruch aus Stahude war begleitet von vielen guten Wünschen. Alle hatten sich zum Abschied der drei noch einmal eingefunden. Zirom, König von Meridan, und seine Königin Alegna, auch Alanus, der weise und tatkräftige Abt des Klosters „Zur Himmlischen Pforte“ und der Sänger Wipo von Rauenfels, der die Heldentaten der Ritter Essal und Felix künftig an allen Höfen verbreiten würde. Und natürlich Attirb und Trebuh, die beiden Alten, die Enna besonders herzlich verabschiedeten. Graf Bredo von Friedrichseck hatte Stahude bereits vor ein paar Tagen verlassen und war zurück auf seine Burg geritten.
Während sie so dahinritten, stiegen in Felix Bilder auf, die ihn den ganzen Ritt über beschäftigten. Sie waren auf dem Weg nach Eschehorne hatte sein Vater, Ritter Essal, gesagt. Zurück nach Hause. Aber wo war Felix zu Hause? War er ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts, den es aus unerfindlichen Gründen in eine alte Zeit verschlagen hatte?
Oder war er nun ein Teil des Mittelalters geworden, ein Mensch, der so fühlte und dachte wie Enna, die schweigend neben ihm ritt? Ritten sie ins zwanzigste Jahrhundert zurück und wenn ja, was würde dann mit Enna geschehen? Felix grübelte ununterbrochen. Er wollte sich nicht mehr von Enna trennen, das war ihm klar, auch wenn der Standesunterschied zwischen ihnen war. Und wie erst sollte er sie mitnehmen ins zwanzigste Jahrhundert, wenn es ihm gelänge dorthin zurückzukehren?
Die nächste Frage, die in ihm hochstieg, wagte er gar nicht zu bedenken. Er sah zu seinem Vater hinüber, den er als Bauern kannte und der nun ein Prinz war. Prinz Essal ritt schweigend auf seiner braunen Stute voran, die Felix noch aus früheren Zeiten zu kennen glaubte.
Trotz der Grübeleien musste er schmunzeln. Frühere Zeiten! Die lagen jetzt in der Zukunft!
Wieder war die Frage ganz nahe, die Frage, die er für sich nicht beantworten konnte, die sich ihm aber immer wieder stellte: Wollte er überhaupt zurück ins zwanzigste Jahrhundert?
Als er bei den Drei Weisen Männern vom Lodernden Baum gewesen war, hatte er die Frage gestellt, ob er je wieder in seine Vergangenheit zurückkommen würde. Dies war die einzige Frage, die Bruder Samoht, der Mönch, der zugleich auch Ritter und Bauer war, nicht beantwortet hatte.
Doch plötzlich wurde es Felix schlagartig klar: Ein Zurück in die Vergangenheit konnte es nicht geben. Also war das Mittelalter jetzt seine Zukunft.
Dann stutzte er. Irgendetwas stimmte nicht an seinen Gedanken. Es hatte für ihn doch schon einmal ein Zurück gegeben! Ein Zurück ins Mittelalter, eine Zeit, die viele hundert Jahre hinter ihm gelegen hatte. Er seufzte laut. Er konnte dies alles nicht verstehen.
Prinz Essal sah beunruhigt nach hinten. Er musterte Felix mit gedankenvollem Blick, dann sah er wieder ernst nach vorne.
Enna schien ebenso in Gedanken versunken wie Felix. Es war ein schweigsamer Ritt. Es schien, als näherten sich alle drei mit einer gewissen Furcht ihrem Ziel. Und die Furcht wurde größer, je näher das Ziel kam.
Essal richtete sich auf und spähte über das weite Land. Das Königreich Meridan war klein, aber die Landschaften waren so abwechslungsreich, dass man glauben konnte, es sei ein viel größeres Land.
„Wir wollen bald rasten“, sagte Essal in die Stille hinein.
Die beiden jungen Reiter hoben ihre Köpfe und nickten. Sie näherten sich einem Wald, der Felix bekannt vorkam. Auf seinem Ritt nach Stahude hatte er fast ganz Meridan durchquert. Es war ein Buchenwald, den Waldrand aber bildeten Eschen. Schon begannen die Blätter sich frühherbstlich zu verfärben. Braun wechselte sich mit Grün und Gelb ab. Aus der Ferne betrachtet, sahen die bunten Eschenblätter wie die Federn eines Vogels aus. Felix genoss diesen Anblick. Im leichten Abendwind umspielten die Blätter den Wald und hüllten ihn ein, wie die rostbraunen Federn eines Falken.
Es wurde schon früh kühl in diesem Herbst, aber die Reiter waren mit Fellen und warmen Westen gut gerüstet.
Thomas B. Morgenstern ist Schriftsteller, Bio-Bauer und Vater von drei Kindern. Studiert hat Morgenstern (Jahrgang 1952) Germanistik und Theaterwissenschaften, Chemie und Biologie. Seit 1981 bewirtschaften er und seine Frau gemeinsam mit einer anderen Familie einen biologisch-dynamischen Bauernhof an der Unterelbe. Die besten Ideen kommen dem Autor beim Melken: "Danach muß ich immer sofort an den Computer! - Hannah Verlag
Das Buch als Download - ein Service des Verlages (2669 kb): PDF-Datei
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