Sonntag, 18. Oktober 2009

Das geheimnisvolle Haus

Monika Pelz
Winchester Mystery
ab 12 Jahren, Jungbrunnen Verlag 2009, 168 S., cell. Pappband, 978-3-7026-5813-7, EUR 14,90, SFR 26,90
Die reiche Mrs Winchester lebt völlig abgeschottet in ihrem prunkvollen Haus, um das sich abenteuerliche Geschichten ranken: Es muss ständig umgebaut werden, um die Rachegeister der ruhelosen Seelen zu befriedigen, die durch Winchester-Gewehre getötet wurden.
Zwischen der sechzehnjährigen Jez, die chinesischer Abstammung ist, Manuel, einem jungen Mexikaner, und Art, einem entfernten Verwandten von Mrs Winchester, entwickelt sich ein seltsames Spiel: Ein Gerichtsverfahren der Geister gegen die Familie Winchester, in dem Art die Rolle der Angeklagten übernimmt. Beide Seiten argumentieren hart, aber als Jez die Frage aufwirft, was den Weißen das Recht gebe, sich als Herren des Landes zu fühlen, muss Art sich geschlagen geben. Ihm bleibt nur der Einwand, dass man all die Verbrechen, die mit dem Winchester-Gewehr begangen wurden, nicht nur der Familie des Erfinders anlasten dürfe. So beschließen die drei, als „gute Geister“ aufzutreten und Mrs Winchester von ihrem Fluch zu befreien. Ein tollkühnes Unternehmen, bei dem nicht nur ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem zu überwinden ist.
Leseprobe: " ... Die Rede war von Geheimtüren und Geheimgängen. Von Falltüren. Von verborgenen Durchgucken (Spionen) in nahezu allen Wänden. Von gläsernen Decken zwischen den Geschoßen. So konnte Mrs Winchester alles beobachten, was im Hause vorging, ohne selbst gesehen zu werden!
Widersinnige Treppenanlagen führten erst aufwärts, dann wieder abwärts. Oder nur im Kreis herum! Am Ende einer endlos scheinenden Treppe glaubte man sich unter dem Dach des Hauses angekommen und fand sich dort nur ein halbes Stockwerk über dem Anfang! Und eine Treppe gab es, die führte überhaupt nirgendwohin. Vielmehr endete sie oben am Plafond! Manche Türen waren so niedrig, dass nur ein Zwerg durchschlüpfen hätte können. Andere waren hoch genug für einen Zweieinhalbmeter-Riesen. Es gab Türen, hinter denen nichts war als eine Wand. Und es gab eine Tür, hinter der überhaupt nichts war. Weil sie nämlich ins Freie hinaus öffnete. Und das in der vierten Etage. Ein Besucher, der ahnungslos durch diese Tür getreten wäre, hätte sich im Garten zu Tode gestürzt. Nur dass niemals ein Besucher in Mrs Winchesters Haus kam.
Der größte Tisch wurde Abend für Abend mit Damasttüchern und Tafelsilber für zwanzig Personen gedeckt. Ohne dass ein einziger Gast erschien! Oder erschienen Geister? Nahmen Geister am gedeckten Tisch Platz, befingerten das Besteck, nippten an geschliffenen Kelchen? Original böhmisches Rubinglas nebenbei bemerkt. (Jezbel konnte Manuel sagen hören: Indianer machen sich nichts aus Tafelsilber und böhmischem Rubinglas.)
Und wie war es mit der Musik? Früher ertönten auch oft Orgelklänge mitten in der Nacht. Fugen von Johann Sebastian Bach seien es zumeist gewesen. (Quelle: Petes Großtante Tallulah.) Da Mrs Winchester für niemanden anderen als für ihre unsichtbaren Zuhörer spielte, musste daraus wohl geschlossen werden, diese verfügten auch über einen für Indianer höchst ungewöhnlichen musikalischen Geschmack.
Das größte Geheimnis aber stellte eine Kammer tief im Untergeschoß des Hauses dar. Genannt „das blaue Zimmer“. Warum, wusste keiner. Denn keiner hatte jemals diese Kammer betreten. Sie war nur für die Geister reserviert. Nacht für Nacht stieg Mrs Winchester hinunter in das fensterlose Gelass. Dort vernahm sie, so sagte man, die gespenstischen Botschaften …

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