Mittwoch, 26. März 2008

Wlodzimierz Odojewski: Ein Sommer in Venedig

Wlodzimierz Odojewski
Ein Sommer in Venedig
Roman, Aus dem Polnischen von Barbara Schaefer, Ln. m. Schutzumschlag und Lesebändchen, 128 S., ISBN 978-3-86555-044-6, € 14,80
Marek träumt davon, in den Ferien nach Venedig zu fahren. Das hatte Mama ihm versprochen. Aber der Sommer 1939 hält andere Überraschungen für ihn bereit. Er bleibt in Polen - und erlebt er eine Reise, die das echte Venedig an Wundersamem, Überraschendem, Poetischem bei weitem übertrifft. Obwohl er erst neun ist, weiß Marek bereits alles über diese magische Stadt. Er hat den Gesprächen der Eltern gelauscht, Photos aus Zeitschriften ausgeschnitten, sich sein eigenes Bild von der Lagune, den Palästen und Kanälen zusammengeträumt: Kein Wunder, sind doch auch Mama und ihre schönen, leicht versponnenen Schwestern durchaus phantasiebegabt. Aber dann: anstatt nach Venedig wird Marek überraschenderweise zu seiner Tante Weronika geschickt, aufs Land in eine Jugendstilvilla, umgeben von Obstbäumen und einem verwunschenen Garten. Eines Tages entdeckt Marek im Keller des Hauses eine Wasserpfütze, die sich rasch vergrößert. Kein Zweifel, eine Thermalquelle! Seine Lieblingstante Barbara greift die Idee prompt auf ... Während draußen vom strahlend blauen Himmel die ersten Bomben fallen, taucht Marek ein in eine Phantasiewelt, ohne zu ahnen, dass sie das Ende seiner Kindheit bedeutet.
Fortsetzung: Als der Zirkus kam, Roman, Aus dem Polnischen von Barbara Schaefer, ISBN 978-3-86555-055-2, 144 S., € 16,80
Marek ist kein Kind mehr, als gegen Ende des Kriegs ein Zirkus in die Stadt kommt. Er verliebt sich in die geheimnisvolle Liliputanerin Simone und sieht sich einem Sturm schöner, beunruhigender Gefühle ausgesetzt. Meisterhaft versteht es Odojewski, in diesen Momentaufnahmen das Erwachsenwerden in schwieriger Zeit zu schildern. „Er zog an einem der Fenster den Vorhang beiseite, damit mehr Licht ins Zimmer kam. Und dann stand er da und hörte, wie sie sich bewegte und mit dem Stoff raschelte, aber er sah sie nicht an, sondern blickte auf die weiten leeren Flächen zwischen den Bäumen im Obstgarten, die schon in Mondlicht getaucht waren, und er fühlte sich wohl, so wohl wie noch nie zuvor in seinem Leben.“ Wenn nur die verstörenden Bilder nicht wären, die sich, ohne daß er sich dagegen wehren könnte, immer wieder vor sein inneres Auge schieben: Bilder eines grausigen Funds, den Marek inmitten der Kriegswirren gemacht hat und neben denen dieses andere, neuartige Wohlgefühl nicht bestehen kann. Eines Tages kommt ein Zirkus in ihre Stadt, und Marek verliebt sich in die entzückende Liliputanerin Simone. Weil die Ankunft der Artisten und Gaukler zusammenfällt mit dem Verschwinden von Tante Barbara, vermischen sich erneut die Gefühle quälender, freudiger Erregung mit einer tiefen, vagen Beunruhigung. Und schließlich muß der Zirkus über Nacht die Zelte abbrechen ...

Keine Kommentare: